Herausgegeben und mit Nachworten von Christa Baumberger und Nina Debrunner
Chronos Verlag, Zürich 2025
Albert Minder (1879–1965) hat als Erster in der Schweiz das Leben seiner heimatlosen Vorfahren erforscht und erzählt. Seine Familiengeschichte bietet anschauliche Einblicke in eine nichtsesshafte Kultur und beschreibt die Armut in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Eindringlich und mit Humor erzählt, ist die «Korber-Chronik» ein wichtiges Zeugnis einer literarischen Selbstermächtigung. Sie behandelt so aktuelle und zeitlose Themen wie Herkunft, Familienbande, Arbeit und Armut.
Mit Minder lässt sich eine Geschichte der Schweiz «von unten» entdecken: Er gibt fahrenden Heimatlosen und Bauernfamilien im Berner Seeland eine Stimme, beschreibt aber auch den Überlebenskampf der armen Stadtbevölkerung in Bern und Burgdorf sowie die Arbeitswelt im Gefängnis und in Tabakfabriken. Indem er seine privaten Erinnerungen mit den politischen Ereignissen der Zeit verknüpft, schafft er ein lebendiges Bild des 19. Jahrhunderts.
1879 in Walkringen geboren. Seine Grosseltern waren fahrende Heimatlose, der Vater versuchte die vierköpfige Familie als Gefängnisaufseher, Selbstversorger, Korber und Tabakarbeiter durchzubringen. 1894 Abbruch des Lehrerseminars aus finanziellen Gründen. Von 1896 bis 1942 Arbeit als Schriftenmaler in Burgdorf, daneben politisches Engagement in der Arbeiterbewegung und schriftstellerische Tätigkeit. Minder verstarb 1965 in Burgdorf.
Die kommentierte Neuausgabe der «Korber-Chronik» (1947) erschliesst den historischen Kontext und die Wirkungsgeschichte und stellt erstmals den Autor Albert Minder vor. Der Band wird ergänzt mit Gedichten und einem Auszug aus Minders erstem Buch «Der Sohn der Heimatlosen» von 1926. Dabei tritt Albert Minder als engagierter Vertreter einer Schweizer Arbeiterliteratur in Erscheinung.
Der Band erscheint im Januar 2025 in der Reihe «Schweizer Texte. Neue Folge» im Chronos Verlag in Zürich. Die editorische Arbeit wurde von Litar unterstützt.
Die Galerie Litar Zürich zeigt begleitend die Ausstellung «Arme Schweiz. Lika Nüssli und Albert Minder erzählen», 8. Februar bis 5. April 2025.
Vernissage: Freitag, 7. Februar 2025, 17–20 Uhr. Mit Lika Nüssli, Nina Debrunner und Christa Baumberger
Mehr Infos: litar.ch
Flyer: Arme Schweiz
Buchvernissage, Galerie Litar Zürich, 7. Februar 2025, 18 Uhr. Infos: Litar
Buchpräsentation und Zeitkapsel Burgdorf 1968. Museum Schloss Burgdorf, 27. Februar 2025, 19.30–20.30 Uhr. Infos: Museum Schloss Burgdorf
Bilder
Der Neue Postillon, Februar 1905 | Albert Minder, Gedicht «Sehnsucht nach Freiheit», Der Neue Postillon, April 1905 © Zentralbibliothek Zürich.
Albert Minder, Fabrikfeierabend oder Abend vor dem 1. Mai, 1907. Öl auf Leinwand.
Albert Minder, undatierte Postkarte mit Hafen von Algier.
Foto Albert Minder mit Martin Schwander, Burgdorf, um 1963.
© Museum Schloss Burgdorf, Sammlung Rittersaalverein.